Zeitdiebe

Von Redaktion · · 2002/06

Am Telefon. Beim Versuch, herauszufinden, was mit dem PC los ist, kommt man/frau erst einmal nicht durch. Die US-Softwarebranche lässt ihre Kunden jährlich drei Milliarden Minuten am Telefon warten. Schließlich gelangt man/frau in die Telefonhölle: Eine endlose Zahl von Optionen wird angeboten – fünf für die Art der Software, vier Optionen je nach Servicevertrag, vier weitere für die Art des Problems. Verzweifelt drückt man/frau schließlich die Option „Operator“. Sie haben eine unzulässige Option gewählt, flötet dann eine digitale Stimme, bevor das Besetztzeichen ertönt.

Lebenslanges Lernen. Das neueste Klischee des Cyber-Zeitalters. Dass wir lernen, solange wir leben, ist eine Binsenweisheit. Aber „Lebenslanges Lernen“ bedeutet etwas ganz anderes. Die Geschwindigkeit, mit der sich Arbeitsplätze und technische Anforderungen in einer dem ständigen Wachstum verschriebenen Wirtschaft ändern, erfordert eine ständige Anpassung unserer Fähigkeiten. Unternehmen haben es lieber, wenn wir das auf unsere Kosten und in unserer Freizeit erledigen. Also bleiben wir noch nach Arbeitsschluss, belegen Fernkurse per Post oder Internet, besuchen Weiterbildungsseminare – alles in der oft vergeblichen Hoffnung, unseren Job zu behalten.

Stau auf der Autobahn. Schließlich hast du die Freiheitsmaschine gekauft. Sie sah gut aus in dem Werbespot, wie sie da auf einem Hügel in Arizona glitzerte. Endlich kannst du die Menschenmassen hinter dir lassen und die klare Luft der Wildnis atmen. Aber du steckst im Stau, Stoßstange an Stoßstange, so weit das Auge reicht. Das Fenster kannst du nicht öffnen, wegen der Abgase. Die Firmen, die dir den Wagen verkauft haben, gehören zur Straßenverkehrslobby. Mehr Autobahnen, kein öffentlicher Verkehr lautet ihr Motto – und jedem/jeder seine/ihre Freiheitsmaschine.

Am Flughafen. Das Flugzeug hat Verspätung – mehr als eine Stunde. Endlich an Bord. Da gibt der Pilot bekannt, die ursprünglich vorgesehene Maschine sei aufgrund technischer Probleme eingezogen worden. Na großartig. Was er nicht sagt: Die Fluglinie kalkuliert ihre Flugzeugflotte so knapp, dass es kaum Ersatzmaschinen gibt. Die Maschine rollt Richtung Startbahn, doch leider – die Starterlaubnis ist abgelaufen, und du sitzt eine weitere halbe Stunde am Boden fest.

Überschwemmt mit Werbung. Sie erwischt einen überall. Telemarketing, Postwurfsendungen, Junk-E-Mail, Product Placements in Filmen, das Bombardement mit Werbespots im Fernsehen, dauernde Jingles im Radio. Manchmal sogar vom Computer generierte Werbeanrufe am Telefon. Plakatwände, Logos, Werbung auf Bussen und Zügen, in Parks. Das Unternehmenslogo, ein Modestatement auf T-Shirts und Schuhen. Die Werbung ist sogar in finanzschwache Büchereien und Schulen eingedrungen, die öffentlichen Raum gegen unternehmerische Zuwendungen verkaufen. Diese gewerbliche Umweltverschmutzung frisst Deine Zeit auf.

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