Zur Kasse gebeten

Von Maitet Diokno-Pascual · · 2003/05

Die private Stromerzeugung kommt die philippinische Bevölkerung teuer zu stehen, schreibt New Internationalist-Autorin Maitet Diokno-Pascual.

Im Mai 2001 unterzeichnete die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo den Electricity Power Industry Reform Act (EPIRA). Durch die damit besiegelte Zerschlagung der staatlichen National Power Corporation (NPC), versprach Arroyo, würden die Stromtarife sinken: das Monopol der NPC würde scheibchenweise an den Privatsektor veräußert. Es war ein Sieg der mächtigen Energielobby – einer bunten Mischung aus führenden Wirtschaftsgruppen, transnationalen Energiekonzernen, korrupten PolitikerInnen, BeamtInnen und VertreterInnen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB).
Ursprünglich war das Gesetz bereits 1997 eingebracht worden, doch eine Kampagne der Freedom from Debt Coalition (FDC) hatte seine Verabschiedung verzögern, letztlich aber nicht verhindern können. Im Jahr 2000 drohten IWF und ADB, Darlehen von insgesamt einer Milliarde US-Dollar zurückzuhalten, wenn das Gesetz nicht verabschiedet wird. Und um die Abgeordneten auf Linie zu bringen, wurde auch bestochen. Zwei Oppositionspolitiker gestanden, unter der früheren Regierung Estrada jeweils 10.000 Dollar erhalten zu haben. Aber die Mächtigen – einschließlich IWF und ADB – stellten sich taub. Das Gesetz musste durch, trotz offensichtlicher Korruption und trotz Protesten von VerbraucherInnen, dass das Gesetz nichts zur Senkung der Tarife beitragen würde.

Die FDC zeigte auf, dass die philippinischen VerbraucherInnen zur Kasse gebeten wurden, um private Stromerzeuger im Geschäft zu halten. Die Gruppe gehörte zu den ersten, die den Zusammenhang zwischen exorbitanten Stromtarifen (die zweithöchsten in Asien nach Japan) und den früher eingeführten Energieabnahmeverträgen (Power Purchasing Agreements, PPAs) aufzeigten. Um Investoren einen Anreiz für die Errichtung neuer Kraftwerke zu geben, hatte die Regierung (unter Druck der Weltbank und anderer) für sämtliche neuen Kapazitäten einen Absatzmarkt zu Fixpreisen garantiert. Die staatliche NPC war verpflichtet, Energielieferungen der privaten Erzeuger in US-Dollar abzugelten – ob es dafür Bedarf gab oder nicht.

Heute zahlen philippinische StromkundInnen zusätzlich zu ihrer normalen Rechnung einen eigenen PPA-„Ausgleichsbetrag“, der bis zu 50 Prozent der Rechnung ausmacht. Diese Verbindlichkeiten werden jedoch nicht gemeinsam mit dem öffentlichen Leitungsnetz privatisiert, sondern verbleiben der öffentlichen Hand – und damit eine Bürde für die philippinischen SteuerzahlerInnen.
Was die FDC dagegen fordert, ist eine „Demokratisierung des Eigentums“ im Energiesektor. VerbraucherInnen sollte es möglich sein, selbst Eigentum an Kraftwerken und Übertragungsinfrastruktur zu erwerben. Schließlich wären sie die eigentlichen Kapitalquellen und würden mit den verbliebenen PPA-Schulden belastet. Öffentliches Eigentum würde auch das Oligopol einiger weniger reicher Familien aufbrechen und die Konzentration des Eigentums in ausländischen Händen verhindern.
Vorerst wird den VerbraucherInnen aber bloß Geduld angeraten: Privatisierung brauche Zeit, um zu funktionieren, meint die Regierung Arroyo. Aber die philippinische Bevölkerung ist zu Recht misstrauisch. Sie könnte den Preis für dieses blinde Vertrauen noch geraume Zeit bezahlen.

copyright New Internationalist

Maitet Diokno-Pascual ist eine philippinische Ökonomin und frühere Präsidentin der „Freedom from Debt Coalition“.

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