Zurück in die Zukunft

Von Redaktion · · 2018/Nov-Dez

Das internationale Fairtrade Netzwerk will Kleinbäuerinnen und -bauern wieder ins Zentrum rücken – und neue Märkte erschließen, wie Richard Solder erfuhr.

Für Fairtrade Österreich war der 11. Oktober ein großer Tag: Im Museum für Angewandte Kunst in Wien wurde das 25-jährige Bestehen gefeiert. Für die Festivitäten reiste Darío Soto Abril nach Österreich – der Kolumbianer ist seit 2017 Chef von Fairtrade International. Der Nachfolger der Britin Harriet Lamb ist der erste Fairtrade International CEO, der aus dem globalen Süden stammt.

Es ist ein spannender Moment für das Fairtrade-Netzwerk: Die weltweiten Umsätze mit Fairtrade-Produkten von 1,6 Millionen Bäuerinnen und Bauern lagen 2017 umgerechnet bei knapp 8,5 Mrd. Euro, ein Zuwachs von 9 Prozent.

178 Mio. Euro an Fairtrade-Prämie gingen an bäuerliche Gemeinschaftsprojekte vor Ort. Die Initiative hat sich in verschiedensten Regionen der Welt etabliert, und das Fairtrade-Siegel wird von den KonsumentInnen als eines der vertrauenswürdigsten Siegel gesehen.

Wie soll es von hier aus weitergehen? „Der Plan ist eigentlich simpel“, so Abril im Interview mit dem Südwind-Magazin. „Die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie die Arbeiter sollen wieder ins Zentrum der Arbeit gerückt werden. Sie sind es, für die wir uns engagieren“, führt der Fairtrade International-CEO aus.

Zudem sollen Partnerschaften weiter vorangetrieben werden. Damit meint Abril vor allem große Produzenten und Lebensmittelkonzerne. „Wir versuchen, an mehr Unternehmen heran zu kommen. Nur so können wir etwas verändern.“

Die Bäuerinnen und Bauern müssten mehr Möglichkeiten bekommen, größere Mengen an Fairtrade-Produkten verkaufen zu können. Nur so würde sich ihre Lage weiter verbessern.

Fokus Wirkung. Abril signalisiert im Interview immer wieder seine Offenheit in verschiedene Richtungen: von den Kleinbäuerinnen und -bauern bis zu den Konzernchefs – sie alle zusammen würden das Fairtrade-System ausmachen, betont er mehrmals.

Doch egal ob in der Fairtrade International-Zentrale im deutschen Bonn oder im Wiener Büro: Längst ist klar, dass es nicht „nur“ um mehr, mehr, mehr – also mehr Menge, mehr Produkte und mehr Konzerne als Partner gehen kann.

Das deutsche Center for Evaluation (CEval) führte für Fairtrade eine Studie zur langfristigen ländlichen Entwicklung von Kleinbauernorganisationen und Plantagen durch, die Ergebnisse wurden 2018 veröffentlicht. Die Wirkung, so das Fazit, ist da. Allerdings gibt es genügend Bereiche, wo man nachjustieren muss: etwa bei den zu geringen Auswirkungen auf das Einkommen und den Lebensstandard bei Kaffee-Bäuerinnen und -Bauern. Ebenfalls bei Kaffee, aber auch bei Kakao kann meist nicht verhindert werden, dass nachkommende Generationen aufgrund fehlender Sicherheit sich anderweitig Jobs suchen.

„Unsere Strategie derzeit heißt Deepening Impact, wir wollen die Wirkung auf die bestehenden Fairtrade-Bauern verstärken“, so Fairtrade-Österreich-Geschäftsführer Hartwig Kirner unlängst zum Südwind-Magazin (vgl. Ausgabe 5-6/2018). Geschehen soll das laut Fünfjahresstrategie u.a. durch „maßgeschneiderte“ Unterstützung von KleinproduzentInnen. Fairtrade will sich zudem dafür einsetzen, dass entlang der gesamten Produktionskette existenzsichernde Löhne durchgesetzt werden.

„Als Kolumbianer kenne ich die Perspektive der Kleinproduzenten sehr gut“, betont hierzu Abril.

Mission globaler Süden. Fairtrade will in den kommenden Jahren zudem neue Märkte erschließen: Die Umsätze im globalen Süden sind zwar nicht so stark gewachsen wie einst gehofft, bleiben aber trotzdem auf der Agenda – etwa in Brasilien, Mexiko, Indien oder anderen asiatischen Staaten. „Es ist im globalen Süden nicht einfach, aber wir wollen es weiter versuchen“, so Fairtrade International-Chef Abril. „Allein schon aus pragmatischen Gründen, wenn das Produkt im Land bleibt, ist das viel besser für die Wertschöpfungskette.“

Auch der chinesische Markt ist für ihn ein Thema. Aktuell produzieren Bäuerinnen und Bauern in China bereits unter dem Fairtrade-Siegel für den Export. Zukünftig, der Zeitpunkt steht noch nicht fest, soll es auch dort Produkte zu kaufen geben.

Die internationale Fairtrade-Reise geht weiter, aktuell mit einem Kapitän, der aus dem globalen Süden stammt: Dieser Umstand hat für Abril eine politische Ebene: „Das ist eine starke Botschaft. Fairtrade ist damit nicht mehr so eurozentristisch.“

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