Aids in Zahlen

Von Peter Böhm · · 2000/01

Die Zahl der HIV-Infizierten nimmt nach dem jüngsten UNAIDS-Bericht weltweit weiter zu. Die afrikanische Bevölkerung ist am stärksten betroffen.

In Simbabwe, wo 1200 Menschen wöchentlich an Aids sterben, wurde wegen

der Knappheit von Friedhöfen eine öffentliche Kampagne zur Verbrennung von Leichen gestartet. Und in Kenia hat sich der Posten der Beerdigungskosten, die die Firmen ihren Arbeitern und deren Angehörigen bezahlen, in den vergangenen acht Jahren verfünffacht.

Ohne Zweifel werden die Auswirkungen der Immunschwächekrankheit Aids eine der größten Herausforderungen für den Kontinent in den nächsten Jahren sein. Trotz öffentlicher Kampagnen gegen Aids steigt die Zahl der Infektionen sprunghaft an. Nach dem UNAIDS-Bericht vom Dezember 1999 leben 68 Prozent der weltweit Infizierten in Afrika. Dort leben jedoch nur 10 Prozent der Weltbevölkerung. Neun von zehn Infizierten wissen nicht, dass sie den Virus in sich tragen. Von den weltweit HIV-infizierten Kindern leben sogar 87 Prozent auf dem afrikanischen Kontinent. 8 Millionen afrikanische Kinder sind Aids-Waisen, und nach einer Untersuchung in Südafrika (RSA) waren dort 23 Prozent der Schwangeren HIV-positiv.

Ostafrika, die während der 80er und frühen 90er-Jahre am schlimmsten

betroffene Region des Kontinents, wurde inzwischen vom südlichen Afrika

überholt. In Simbabwe, Swaziland und Botswana ist die Immunschwächekrankheit am weitesten verbreitet. Jeder Vierte der erwachsenen Bevölkerung (15 bis 49 Jahre) ist dort schon Träger des Virus.

Westafrika ist im Vergleich dazu bisher noch wenig von Aids betroffen. Aber

Experten warnen, dass die Region noch am Anfang der Entwicklung steht.

Aids wird dort oft nicht als Todesursache ausgewiesen, und viele Länder dieser Region betreiben kaum Aufklärungspolitik. Dasselbe gilt für Zentral-Afrika. Für die Demokratische Republik Kongo, das drittbevölkerungsreichste Land des Kontinents, liegen wegen des Bürgerkrieges nur unvollständige Statistiken vor.

12 Millionen AfrikanerInnen sind inzwischen schon an Aids gestorben, allein 2

Millionen im vergangen Jahr – also 5500 am Tag. Die Lebenserwartung, eigentlich ein Indikator für die Qualität des Gesundheitssystems, wird drastisch zurückgehen. In Botswana, einem der am schlimmsten betroffenen Länder, sank sie seit 1995 von 63 auf 41 Jahre. Bei vielen afrikanischen Ländern ist sie schon wieder auf der Stufe der 60er-Jahre angelangt.

Alle Fortschritte im Gesundheitssystem nach der Unabhängigkeit sind damit innerhalb weniger Jahre statistisch wieder zunichte gemacht.

In Südasien, einer der neben Afrika ärmsten Regionen der Welt, ist die Entwicklung umgekehrt. Während die Lebenserwartung dort 1950 noch gleich wie im südlichen Afrika war, werden 2005 die Menschen in Südasien durchschnittlich 22 Jahre länger leben als jene in Afrika.

Eine weitere Besonderheit der Krankheit in Afrika ist, dass signifikant mehr Frauen als Männer davon betroffen sind (55 Prozent), und dass Frauen sich im Durchschnitt in jüngerem Alter anstecken. Der Grund dafür scheint zu sein, dass die Infektion leichter von Mann zu Frau übertragen wird als um gekehrt, und dass, wie es in dem UNAIDS-Bericht heißt, „eindeutig ältere Männer, die oft Mädchen zum Sex

nötigen oder mit Sugardaddy-Geschenken kaufen, die Hauptquelle von Aids

für junge Frauen sind“.

Die häufigen Zeitungsberichte in Afrika von Lehrern, die für gute Noten oder andere Gefälligkeiten mit ihren Schülerinnen schlafen, scheinen diese Einschätzung zu bestätigen.

Der wirtschaftliche Schaden, den die afrikanischen Länder durch Aids erleiden werden, ist schwer zu quantifizieren. Die Folgen des Virus werden vor allem die Gesundheitssysteme enorm strapazieren, und die Volkswirtschaften werden eine große Zahl ausgebildeter Arbeitskräfte verlieren.

In Kenia zum Beispiel war Pensionierung in den 80er-Jahren noch der bei weitem größte Faktor für das Ausscheiden eines Arbeiters aus einem Beitrieb. 1997 war sie nur noch in 2 Prozent der Fälle dafür verantwortlich.

Obwohl sich Botswana noch in einer relativ frühen Phase der Epidemie befindet, haben sich dort die Kosten für eine private Lebensversicherung bereits verdoppelt. Und in Südafrika – auch dieses Land ist nach Schätzung von ExpertInnenen vom Höhepunkt der Infektionen noch weit entfernt – haben 30 Prozent der Firmen die Beiträge zur Gesundheitsversorgung ihrer Angestellten schon verringert.

Nach einer Studie der US-Agentur für Internationale Entwicklung USID

(„Aids in Kenya. Socioeconomic Impact und Policy Implications“, 1996) wird

Kenias Bruttosozialprodukt im Jahr 2005 um 14,5 Prozent kleiner sein, als es ohne Aids wäre. Nach dieser Schätzung wird jedoch das Pro-Kopf-Einkommen nur um 10 Prozent sinken – weil es auf vergleichsweise weniger Menschen verteilt werden muss.

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