Überall auf der Welt gibt es Frauen, die gegen männliche Dominanz aufbegehren, auch im arabischen Raum. Die Journalistin Claudia Mende hat ihnen ein Buch gewidmet.
Dazwischen liegen Welten: Tunesien, der fortschrittlichste Schrittmacher in der Region, und Saudi-Arabien, wo Frauenrechte durch konservative Auslegungen des islamischen Rechts noch stark eingeschränkt sind. Die beiden Staaten unterscheiden sich in Bezug auf Frauenrechte grundlegend.
Während das kleine nordafrikanische Land auf eine lange Tradition von Frauenrechtlerinnen zurückblicken kann und die rechtliche Gleichstellung fast verwirklicht ist, werden Aktivistinnen auf der arabischen Halbinsel mundtot gemacht, wenn sie das System der männlichen Vormundschaft öffentlich in Frage stellen. So auch in diesem Jahr geschehen, als die saudische Aktivistin Manahel al-Otaibi zu elf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil sie sich in ihren Tweets für Frauenrechte einsetzte.
Aufstehen und aufbegehren
Die Strategien, die arabischen Feministinnen zur Verfügung stehen, um feministischen Aktivismus in der Region zu stärken, sind unterschiedlich. Arabischer Feminismus ist so vielfältig wie die Gesellschaften, in denen er sich entwickelt hat. Davon geht Claudia Mende in ihrem Buch „Wir sind anders, als ihr denkt. Der arabische Feminismus“ aus. Seit mehr als 30 Jahren ist die Autorin und Redakteurin, die auch für das Südwind-Magazin über Frauenbewegungen in der arabischen Welt geschrieben hat, immer wieder dorthin gereist: nach Syrien, Jordanien, Marokko, Saudi-Arabien und in die Emirate. In ihrem Buch räumt sie mit stereotypen Bildern auf und wirft Schlaglichter auf die sich wandelnden Lebensrealitäten arabischer Frauen.
Was nicht jeder weiß: Der arabische Feminismus blickt auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurück. Schon damals standen Frauen auf. Vor allem in Ägypten, aber auch in Syrien, im Libanon, in Tunesien und Marokko forderten sie Zugang zu Bildung und rechtliche Gleichstellung. Im Laufe der Jahrzehnte kamen weitere Forderungen hinzu: die Reform des Familienrechts, ein Ende von Gewalt, Autonomie über den eigenen Körper und sexuelle Selbstbestimmung.
Wandel passiert
Auch wenn die Autokraten nach dem Arabischen Frühling 2011 mittlerweile wieder fest im Sattel sitzen und die sogenannte Arabellion politisch vorerst gescheitert ist, sieht Mende seither einen massiven gesellschaftlichen Wandel. Ob in Politik, Wirtschaft, Sport, Kunst, Medien oder Wissenschaft: Frauen übernehmen Führungspositionen in der arabischen Welt und sind Teil des öffentlichen Lebens geworden, so ihre Beobachtung.
Auf 176 Seiten porträtiert Mende Bürgermeisterinnen, Richterinnen und Menschenrechtsanwältinnen, erzählt von deren Engagement und den Missständen, gegen die sie ankämpfen. Sie spricht mit einer alleinerziehenden Mutter in Marrakesch, die als Alleinerziehende durch das geltende Familienrecht ins soziale Abseits gedrängt wird. Oder mit einer einflussreichen Kolumnistin und Autorin in Abu Dhabi, die ihr erklärt, dass die westliche Version des Feminismus nicht mehr die allgemeingültige Norm sei: „Wir sind anders, als ihr denkt“, sagt die Frau aus dem Emirat. Claudia Mende beschränkt sich nicht darauf über arabische Frauen zu berichten, sondern lässt sie selbst zu Wort kommen.
Claudia Mende: „Wir sind anders, als ihr denkt“ – Der arabische Feminismus. Verlag Westend, Berlin 2024, 176 Seiten, 21,50 Euro
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