Bussi, Bussi

Von Luna al Mousli · · 2019/Mai-Jun

Was meine Oma, die beste Diskussionspartnerin der Welt, zu gleichgeschlechtlicher Liebe sagt.Gedanken von Welt von Luna al Mousli

Hier saßen wir mal wieder, im Wohnzimmer in ihrer Wohnung in Wien. Oma und ich. Sie macht sich seit Jahren ihre Gedanken über ihren Glauben und schreibt alles auf. Doch schafft sie es nicht, alles in einem Notizbuch zu sammeln. Ein Gedanke steht im Ikea-Katalog bei den Küchenutensilien, ein anderer in einer Zeitung zwischen den Zeilen.

Wenn ich eine gute Diskussionspartnerin brauche, ist sie die Beste.

Bei unserem letzten Gespräch ging es um gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Diese werden in arabischen Gesellschaften nicht gern gesehen, obwohl es sie hinter verschlossenen Türen natürlich gibt.

Manche arabische Männer sind mit Vorurteilen behaftet und in der Begrüßung „europäischer“ Männer sehr vorsichtig, damit auch nichts missverstanden werden kann. Es soll ja nichts falsch interpretiert werden.

Dabei: würde man sich einmal anschauen wie in „südländischen“ Kulturen begrüßt wird, wäre man schnell erstaunt. Ein Händeschütteln alleine reicht nicht aus, wenn nicht eine Umarmung folgt – und das Ganze auf offener Straße. Dann kommt ein Bussi links, dann ein Bussi rechts.

Die Umarmung ist so fest, dass der Geruch des einen sich automatisch auf den anderen überträgt. Bei Frauen ist es nicht anders. Würde man jemanden in Österreich so begrüßen, würde man sofort komisch angestarrt werden.

Oma suchte in ihren Notizen und meinte: Ich muss aber ehrlich zugeben, jeder soll lieben wen er will, aber ich kann es mir kaum vorstellen, wie Kinder mit zwei Männern oder Frauen aufwachsen sollen. Wen nennen sie Papa und wen nennen sie Mama? Kinder werden heutzutage immer gemeiner, dafür werden sie sicher von anderen gemobbt. Auch wenn es die Kinder schaffen, eine gute Beziehung aufzubauen und die Familie gut damit klarkommt, ich befürchte, sagte Oma, unsere Gesellschaft ist noch nicht so weit. Weder hier im Westen noch im Osten. Ach, dort haben wir derzeit wirklich anderes durchzustehen und gesellschaftlich zu etablieren. Sie drehte sich um und kramte weiter.

Luna Al-Mousli, geboren 1990 in Melk, aufgewachsen in Damaskus, lebt und arbeitet heute als Autorin und Grafik-Designerin in Wien. Abwechselnd mit Nadia Baha macht sich Luna Al-Mousli in jeder zweiten Ausgabe des Südwind-Magazins „Gedanken von Welt“.

luniverse.xyz

Da Sie schon mal hier sind: Qualitätsjournalismus kostet Geld, und ist wichtiger denn je. Seit 2017 ist das Südwind-Magazin vollkommen unabhängig. Unterstützen Sie unsere kritische Berichterstattung mit einem Abo oder einer Spende. Vielen Dank!

Basic

Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!

  • 6 Ausgaben pro Jahr als Print-Ausgabe und/oder E-Paper
  • 48 Seiten mit 12-seitigem Themenschwerpunkt pro Ausgabe
  • 12 x "Extrablatt" direkt in Ihr E-Mail-Postfach
  • voller Online-Zugang inkl. Archiv
ab € 25 /Jahr
Abo Abschließen
Förder

Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.

Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.

84 /Jahr
Abo Abschließen
Soli

Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!

Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.

168 /Jahr
Abo Abschließen