Die Hüterin der Wälder

Von Leonie March · · 2024/Jan-Feb
© Leonie March

Shamiso Mupara pflanzt in Simbabwe verloren gegangene einheimische Baumarten. Das ist nicht nur gut fürs Klima, sondern knüpft auch an eine fast vergessene Kultur an.

Wenn sie ein Baum wäre, sagt Shamiso Mupara, dann wäre sie ein Pod Mahogany: „Er ist stark, wertvoll, robust und wächst in heißen Gegenden. Aber vor allem: Er bietet vielen Tieren Nahrung.”

Liebevoll berührt die 40-Jährige ein kleineres Exemplar ihres Lieblingsbaums. Sie hat ihn selbst aus einem Samen gezogen. So wie alle Bäume auf ihrem Grundstück in Domboshava, etwa eine halbe Autostunde von Simbabwes Hauptstadt Harare entfernt. Es sind Hunderte: Obstbäume wie Mangos, Bananen und Guaven, ebenso wie unterschiedliche einheimische Arten. „Als ich das Grundstück kaufte, wuchs hier kaum etwas“, sagt Mupara. Der alte Baumbestand war für Feuerholz gefällt worden. So wie an vielen Orten Simbabwes.

Mupara erinnert sich noch an die Wälder ihrer Kindheit. Sie ist in Marange, im Osten des Landes aufgewachsen, als Tochter von Kleinbäuer:innen. „Kein Tag verging, ohne dass wir im Wald waren“, erzählt sie.

Das Vieh der Familie weidete zwischen den Bäumen, die Kinder pflückten Beeren und Früchte, die Großmutter sammelte Medizinpflanzen, auch Baumaterialien und Feuerholz lieferten die Wälder. „Mein Vater achtete sehr darauf, dass wir die Bäume dafür nur beschnitten und nicht fällten“, betont Mupara. Im Gegensatz zu vielen aus der Nachbarschaft.

Druck durch Dürren. Als Anfang der 1990er Jahre eine lange Dürreperiode die Ernten zunichtemachte, wuchs der Druck. „Es gab kein Wasser und kein Essen. Viele Familien litten unter Hunger. Einige so sehr, dass sie ihre Töchter in Familien verheirateten, die noch etwas zu essen hatten“, erzählt Mupara, die damals als Volksschülerin erlebte, dass Klassenkameradinnen verheiratet wurden.

Da die Felder nichts mehr hergaben, verkauften die ehemaligen Kleinbäuer:innen nun Feuerholz und selbstgebrannte Ziegel, für die noch mehr Bäume gefällt wurden. Wertvolle Harthölzer wie das des Pod Mahogany gingen an Händler:innen aus der Stadt. Die Wälder wurden kleiner. Noch kleiner, als Diamanten in Marange entdeckt und mit ihrer Förderung begonnen wurde.

Zu dieser Zeit studierte Mupara Umweltwissenschaften, zunächst in Simbabwe, dann im Nachbarland Botswana. Bereits während des Studiums begann sie mit einem kleinen Wiederaufforstungsprojekt. 2016 kehrte sie mit einem Masterabschluss in ihre Heimat zurück und gründete ein Jahr darauf die Non-Profit-Organisation „Environmental Buddies“ (übersetzt Umweltfreund:innen). Seitdem gibt sie Workshops, etabliert Baumschulen, sorgt dafür, dass einheimische Bäume wieder angepflanzt werden – vor allem rund um Schulen und die Häuser der traditionellen Dorfoberhäupter.

„Schon in der Vergangenheit wurden dort Vorräte für schlechte Zeiten angelegt“, erklärt Mupara. Angesichts zunehmender Extremwetter durch die Klimakrise und fortgesetzter Rodungen müssten dort heute Arten für die Zukunft bewahrt werden. „Wir müssen die Kultur aufleben lassen, indem die lokalen Chiefs wieder zu Hüter:innen der Wälder werden.“ Sie sollen als Vorbild für die Gemeinschaft dienen, zur Ernährungssicherheit beitragen und die Biodiversität erhalten.

Spenden für Brunnen. Doch das ist einfacher gesagt als getan. In Domboshava ist der Boden felsig und Mutare liegt in einer der trockensten Regionen Simbabwes. Der Regen reicht nicht für die Bewässerung und Kompost ist rar. „Einen Baum kann man an einem Tag pflanzen, aber damit er überlebt, muss man sich lange um ihn kümmern.“

Er muss beispielsweise vor Termiten, Vieh und Feuer geschützt werden. Und natürlich braucht er Wasser. Weil Regenwassersenken nicht überall ausreichen, mussten Brunnen gebohrt werden. Der erste wurde von Muparas älteren Geschwistern finanziert, kleinere Summen kommen inzwischen auch von Spenden- und Fördergeldern.

„Früher mussten wir die Leute regelrecht anbetteln, einen Baum zu pflanzen, heute kommen sie selbst in unsere Baumschulen“, freut sich Mupara. Sie bleibt neben neuen Setzlingen stehen, die sie aus Samen gezogen hat. Ihr Traum ist es, dass „Kinder hier in zehn Jahren 100 verschiedene Baumarten sehen“. Darunter vielleicht ja ihren Lieblingsbaum, den Pod Mahogany.

Leonie March arbeitet als freie Korrespondentin vor allem zum Südlichen Afrika. Ihre Reportagen, Features und Porträts sind u. a. in Deutschlandfunk, SRF und ORF zu hören. March ist Vorsitzende des Netzwerks weltreporter.net.

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