Die Klima-Zeche

Von Irmgard Kirchner · · 2009/10

Auch wenn es einen Weg aus der drohenden Klimakatastrophe gibt, scheint es schwierig, ihn entschlossen einzuschlagen.

Überschwemmungen in der Sahelzone, Dürren in Nordindien in der Monsunzeit, Flamingos, die neuerdings auch den Winter über in der Camargue bleiben (und dort den Reisanbau gefährden): Nur ein paar Beispiele für sichtbare Anzeichen des Klimawandels – drei Monate vor der entscheidenden Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember. In der EU gibt es spürbare Anzeichen für politische Maßnahmen. Den Automobilherstellern wird ein maximaler CO2-Ausstoß für ihre neuen Fabrikate verordnet und besonders ineffiziente Glühbirnen verschwinden schrittweise vom Markt.

Es wird also reagiert und agiert, doch die Dimension der Maßnahmen, die notwendig sind, um die Erderwärmung bis 2050 auf plus 2 Grad zu beschränken, geht hart an die Grenze unseres Vorstellungsvermögens. Die Klimadiskussion ist vor allem eine ethische Riesen-Herausforderung. Wer verschmutzt(e) die gemeinsame Atmosphäre, wer profitiert davon, wer leidet als Erster und am stärksten darunter? Wie lange zurück soll die historische Schuld gerechnet werden? Geht die mögliche Rettung des Planeten auf Kosten der Entwicklung der ärmsten Länder? Wird die unerträgliche globale Ungleichheit mit dem Argument des Klimaschutzes auf unbestimmte Zeit festgeschrieben?

Der aktuelle Bericht der UN-Abteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten mit dem Titel „Promoting Development, Saving the Planet“ spricht klar aus, dass es aus politischen, ökonomischen und ethischen Gründen unerlässlich ist, den Entwicklungsländern die Chance auf ein rasches, nachhaltiges (und emissionsarmes) Wachstum zu ermöglichen. Reduktionsziele, Emissionshandel, Steuern und Regulative sowie Marktmechanismen seien der Weg für die reichen Länder. In den armen Ländern brauche es weiterhin ein rasches Wachstum, um die Armut zu reduzieren: einen Innovationsschub, massive Investitionen, getragen von einem starken politischen Willen und finanziert von den reichen Ländern. Es muss ernst werden mit dem Grundsatz der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ für das Weltklima von armen und reichen Ländern, der seit der großen Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio so gerne in den Mund genommen wird.

In Österreich fordert die Allianz für Klimagerechtigkeit, ein Zusammenschluss von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, neben Emissionsreduktionen von der EU Zahlungen von mindestens 35 Mrd. Euro pro Jahr für Anpassung, Vorsorge, Waldschutz und emissionsmindernde Maßnahmen in Entwicklungsländern – zusätzlich zu den bereits eingegangenen Verpflichtungen, etwa für Entwicklungszusammenarbeit.

Um Entwicklung voranzutreiben und den Planeten zu retten, braucht es einen globalen „New Deal“, schreiben die UN-WissenschaftlerInnen. Und, da gibt sich der Bericht illusionslos, eine neue Art internationaler Unterstützung und Solidarität, die abgesehen von Kriegszeiten nur selten aufgebracht wird (… oder für die Rettung der Finanzsektoren und der Automobilindustrie).

Was Klimaschutz mit Stabilität und Sicherheit zu tun hat, muss leider erst noch in die Köpfe dringen.

Basic

Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!

  • 6 Ausgaben pro Jahr als Print-Ausgabe und/oder E-Paper
  • 48 Seiten mit 12-seitigem Themenschwerpunkt pro Ausgabe
  • 12 x "Extrablatt" direkt in Ihr E-Mail-Postfach
  • voller Online-Zugang inkl. Archiv
ab € 25 /Jahr
Abo Abschließen
Förder

Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.

Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.

84 /Jahr
Abo Abschließen
Soli

Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!

Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.

168 /Jahr
Abo Abschließen