Durch die entwicklungspolitische Brille

Von Martin Jäggle · · 2009/06

Gerade Zukunftsfragen sind national kaum lösbar. Die Bedeutung der Europa Wahlen wird sträflich unterschätzt.

Was in Brüssel (und Straßburg) entschieden wird, beeinflusst nicht nur die Lebensbedingungen der fast 500 Millionen Menschen innerhalb, sondern von noch viel mehr außerhalb der Europäischen Union. Gerade die Zukunftsfragen sind nicht national begrenzbar, geschweige denn national lösbar. Im Bereich des Klimaschutzes ist dies vielleicht doch schon mehrheitlich erkannt worden. Und die Entwicklungspolitik? Nicht nur die Toten vor den Grenzen der Europäischen Union machen eine andere Politik dringend notwendig. In der Entwicklungszusammenarbeit zählt die EU weltweit zu den größten „Gebern“, zugleich bedrohen ihre Agrarexportsubventionen lokale Lebensmittelmärkte.

Wichtige Steuerungsmittel einer „anderen Entwicklung“ können nur auf übernationaler Ebene eingeführt werden. Bei den Wahlen für das Europäische Parlament geht es daher entscheidend darum, nach welchen Grundsätzen, Optionen und Prioritäten die Schlüsselprobleme nicht nur Europas gelöst werden sollen.

Werfen wir einen kurzen Blick in die Wahlprogramme – durch die entwicklungspolitische Brille. Im ÖVP-Programm sind Begriffe wie Zuwanderung, Flüchtlinge, Finanztransaktionssteuer nicht zu finden. Für die ÖVP geht es gerade jetzt darum, „aus Europa das Meiste für Österreich herauszuholen“, und sie ist „auch Garant dafür, dass Österreich aus Brüssel wirklich alle Förderungen abholt“. Sie steht aber auch „für ein europa- und weltweit geltendes Modell der ökosozialen Marktwirtschaft, das den Menschen dient“. Die ÖVP-Profis „bringen das Beste Österreichs nach Europa und holen das Beste Europas nach Österreich“.

Die SPÖ tritt für ein „friedliches, demokratisches, soziales und bürgernahes Europa ein, in dem Österreich seine Interessen konsequent vertritt“, fordert eine nationale Regelung der Zuwanderung, eine Finanztransaktionssteuer, eine „gerechte Weltwirtschaftsordnung mit fairen Chancen und Regeln“, „partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit, … aber auch die Durchsetzung von Menschenrechten sowie sozialen und ökologischen Rechten“. Flüchtlinge kennt die SPÖ nicht, aber „Asylberechtigte“.

Die Grünen sind für „ökologisches, soziales nachhaltiges Wirtschaften“, eine europaweite Finanztransaktionssteuer, eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die Lösung des Flüchtlingsdramas; sie wollen sich für eine sozial gerechte Weltwirtschaftsordnung einsetzen, für ökologische und soziale Standards in der Welthandelsorganisation WTO, die Einhaltung von Asyl- und Menschenrechten und fordern 0,7% des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit.

Schutz und Abschottung verspricht die FPÖ am „Tag der Abrechnung“, bedient die Islamophobie mit „Abendland in Christenhand“ (Wird hier nicht zum Religionskrieg angestiftet?) und wird – gemeinsam mit dem BZÖ, das ganz ohne ,Programm einfach mit dem „Volksanwalt“ wirbt – gewinnen.
So weit, so mager. Doch Wahlprogramme und Wahlwerbung sind nicht nur ein Produkt der Parteien, sondern auch ein – teils beängstigendes – Spiegelbild der Gesellschaft.

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