Ein Schuss nach hinten

Von Werner Hörtner · · 2008/05

Der schon beschlossene Bau des großen Ilisu-Staudamms in der Türkei stößt auf unerwartete Schwierigkeiten.

Eigentlich hatten sie es sich anders vorgestellt, die nationalen Banken (Export Credit Agencies, ECAs), die Exportkredite vergeben, und die Türkei. Gemeinsam hatten sie im März 2007 eine Expertengruppe ins Leben gerufen, die die Einhaltung der 153 Auflagen, zu der sich die türkische Regierung verpflichtet hatte, untersuchen sollte. Doch statt des erwarteten positiven Berichts wurde Mitte März d.J. eine vernichtende Bilanz veröffentlicht: Das Mega-Projekt widerspreche internationalen Standards, die Türkei verstoße gegen fast alle Auflagen, der Baubeginn müsse mindestens um mehrere Jahre verschoben werden. Selbst den Bestrebungen der Banken, das Projekt jetzt zu beginnen und während des Baus „zu verbessern“, erteilt der Bericht eine klare Absage.
Eigentlich müssten die ECAs nun ihre Haftungsgarantien zurückziehen, da wichtige Vertragsauflagen von der Türkei nicht erfüllt wurden. (Zum Ilisu-Projekt siehe SWM 11/06 – Titelgeschichte – und 4/07.)

Damit nicht genug. Wenige Tage nach der Präsentation des Expertengutachtens veröffentlichte die „Financial Times“ einen äußerst kritischen Bericht über das Staudammprojekt. Demnach wäre es eine Katastrophe für die AnrainerInnen und die kulturellen Schätze und könnte auch als Druckmittel gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt werden. Micah Garen und Marie-Helen Carleton von der renommierten Wirtschaftszeitung verbrachten zwei Wochen in der Region. Sie erlebten dabei auch die Einschüchterung der lokalen Bevölkerung durch staatliche Behörden und die gezielte Fehlinformation der Öffentlichkeit. Die Behauptung der türkischen Politiker, dass die betroffene Bevölkerung geschlossen hinter dem Projekt stünde, entlarvten sie als glatte Lüge – das Journalistenpaar stieß vielmehr auf eine einhellige Ablehnung.
Mittlerweile kritisierte sogar die deutsche Bundesregierung das Vorgehen der Türkei in dem Projekt als nicht akzeptabel und stellte eine Verschiebung des Baubeginns oder gar einen Ausstieg in Aussicht. Deutschland, Österreich und die Schweiz sind die Hauptfinanciers des Projekts.
Die österreichische NGO ECA-Watch ist seit Jahren bemüht, das Staudammprojekt zu verhindern. Dieses Ziel scheint nun wieder in erreichbare Nähe gerückt zu sein.

Weitere Informationen finden sich auf www.stopilisu.com, von wo aus auch Protestbriefe abgeschickt werden können.

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