Eine Fahndung im Nebel

Von Ralf Leonhard · · 2001/10

Österreichs Beteiligung am Bau von Großstaudämmen ist ein gut gehütetes Geheimnis.

Die UNO-Menschenrechtskonferenz 1993 in Wien hatte ihren kleinen Skandal. Der Dalai Lama, weltweit anerkannter Fürsprecher seiner tibetischen Landsleute gegen Willkür und kulturellen Genozid der chinesischen Besatzer, durfte nicht auftreten. Die Regierung Vranitzky hatte sich von Peking unter Druck setzen lassen. Milliardenschwere Wirtschaftsinteressen, darunter die Beteiligung österreichischer Firmen am umstrittenen Kraftwerk am Yamdrik Tso, dem heiligen See der Tibeter, standen auf dem Spiel.

Selten wird in Österreich die Förderung fragwürdiger Projekte auf so spektakuläre Weise öffentlich. Der Staat fördert das Engagement heimischer Betriebe im Ausland durch Exportförderungskredite. Gleichzeitig übernimmt er häufig die Ausfallshaftung für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des ausländischen Auftraggebers. Ein Teil dieser Leistungen wird in die Statistik der Entwicklungszusammenarbeit eingerechnet. Die OECD und die entwicklungspolitisch engagierten NGOs kritisieren diese Praxis seit Jahren, weil bei diesen gebundenen Krediten die Exportinteressen der heimischen Wirtschaft gegenüber dem entwicklungspolitischen Nutzen im Vordergrund stehen.

Die Vergabe dieser so genannten Rahmen-II-Kredite durch die Kontrollbank wird von den verantwortlichen Stellen so diskret behandelt wie anderswo die Aufmarschpläne für den Fall einer feindlichen Invasion. Vertreter der Kontrollbank verstehen es, bei öffentlichen Veranstaltungen mit vielen Worten nichts zu sagen. Eine Recherche des Autors im Finanzministerium, dem die Kontrollbank unmittelbar untersteht, führte ins Leere. Der zuständige Ministerialrat wollte keine Auskunft geben und verwies an den Pressesprecher, der über die Förderung von Staudammprojekten weder ausreichend informiert noch zur Auskunft befugt ist. Seine Sekretärin, die versuchte, GesprächspartnerInnen namhaft zu machen, schlug schließlich vor, im Landwirtschaftsministerium nachzuforschen. Das hat naturgemäß mit Exportförderung für Industrieunternehmen gar nichts zu tun.

Wer also wissen will, ob und in welcher Höhe österreichische Firmen am thailändischen Pak-Mun-Staudamm, an ähnlichen Projekten in der Türkei, Kolumbien, Brasilien und Indonesien beteiligt waren oder sind, beißt sich die Zähne aus. Ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an Transparenz, was die Verwendung von Steuergeldern bei der Realisierung derartiger Projekte betrifft, wird gegenüber dem Schutzbedürfnis der Industrie zurückgestellt.

Diese Transparenz ist vor allem dann gefordert, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass durch geförderte Projekte die Menschenrechte oder die Umwelt in Mitleidenschaft gezogen werden. Auf derartige Kritik antworten die Verantwortlichen traditionell mit der Beteuerung, entsprechende Gefahren würden akribisch geprüft. Kurioserweise geht aus den Daten, die an die OECD weitergeleitet werden, hervor, dass oft keine international anerkannte Umweltprüfung vorgenommen wurde.

Österreich hat wertvolle Erfahrungen mit Kleinkraftwerken und hat in den vergangenen Jahren zunehmend über bilaterale Entwicklungszusammenarbeit die kleinräumige Energieversorgung in Partnerländern gefördert. Die Kleinwasserkraftwerke in Bhutan und Nepal haben bei einer Evaluierung durch Schweizer Experten sehr gut abgeschnitten (siehe SWM 9/2001). Großstaudämme werden im Rahmen der bilateralen EZA nicht finanziert. Dass sie durch Kreditgarantien oder Beiträge zu Weltbankkrediten immer wieder gefördert werden, ist bekannt. So sind Staaten, die nicht zu den Schwerpunktländern der österreichischen EZA zählen, die größten Empfänger öffentlicher EZA-Mittel. 1999 führte Indonesien die Liste der Hauptempfängerländer bilateraler EZA (Rahmen-II-Kredite eingerechnet) mit 1,321 Mrd. Schilling unangefochten an. Bhutan und Nicaragua, die beiden Schwerpunktländer, die am besten bedacht wurden, stehen mit vergleichsweise bescheidenen 150 bzw. 136,5 Mio. Schilling an 7. und 8. Stelle der Tabelle.

In Indonesien sind österreichische Unternehmen unter anderem am umstrittenen Cirata Damm beteiligt. In den Jahren der Konstruktion des Pak-Mun-Staudamms war auch Thailand Empfänger von Kontrollbank-Krediten. Wie hoch die Zuschüsse zu diesen Projekten sind, ist aus den offiziellen Daten nicht ersichtlich.

Indonesien unter dem diktatorischen Suharto-Regime erhielt an Rahmen-II-Krediten im Jahre 1997 noch 587,75 Mio. Schilling, 1998 immerhin noch netto 437,51 Millionen. Seit 1999 sind nicht einmal diese globalen Daten für die Öffentlichkeit zugänglich. Außen- und Finanzministerium haben veranlasst, dass keine detaillierte Länderauswertung der Rahmen-II-Kredite mehr veröffentlicht wird.

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