„Früher waren wir Objekte“

Von Marco Aurelio Licuy Andy · · 2002/02

Eine Ökotourismus-Initiative im Nordosten Ecuadors versucht, die indianischen Einheimischen, ihre Werte und Interessen in den Mittelpunkt touristischer Aktivitäten zu stellen. Mit Marco Aurelio Licuy, einem Leiter dieser Initiative, sprach Werner Hörtner.

Südwind: RICANCIE wurde 1993 als „Netzwerk Indigener Gemeinden für das interkulturelle Zusammenleben und Ökotourismus“ in der Region des Oberen Río Napo gegründet. Welche Auswirkungen hatte die Gründung dieser Organisation für die dort lebenden Gemeinden?
Marco Aurelio Licuy:
So etwas hat immer positive und negative Auswirkungen. Die Lebensqualität hat sich etwas verbessert. Ich sage „etwas“, da das noch ein Prozess ist. Früher haben wir die Bäume einfach gefällt, wenn es notwendig war – heute beschützen wir sie. Auch unsere Kultur, unsere Werte waren schon im Verschwinden begriffen. Die Jugendlichen wanderten auf Arbeitssuche in die Städte ab. Doch nun, mit dem Programm des kommunalen Ökotourismus, hat unsere Kultur wieder einen neuen Stellenwert bekommen.

Konnte die Abwanderung gestoppt werden?
Nicht ganz, aber zumindest teilweise. Jugendliche und auch Frauen finden nun direkt Arbeit bei uns.

War der Ökotourismus schon von Anfang an Bestandteil dieses Projekts?
Ja. Es gab schon vorher Tourismus hier, aber der war von außen gesteuert, auch die Gewinne blieben nicht bei uns – wir waren vielmehr die Objekte, die als echte Indianer hergezeigt wurden. Dann haben wir mit der Gründung von RICANCIE die Sache selbst in die Hand genommen.

Kommen vor allem einheimische Touristen hierher, oder mehr Ausländerinnen und Ausländer?
Einheimische sehr wenig. Wohl deswegen, weil das Eigene nie so attraktiv ist, und auch weil wir im Lande selbst kaum Werbung betreiben. Besonders im letzten Jahr sind vor allem Touristen aus Europa gekommen. Wir hatten einen Stand bei der Expo 2000 in Hannover, das hat uns bekannt gemacht. Auch die Mundpropagada von den Leuten, die schon hier waren, spielt eine große Rolle.

Und was sind nun die größten Probleme bei diesem Vorhaben? Denn wo Geld im Spiel ist, tauchen auch Probleme auf …
Ja, das stimmt. Einmal der Neid. Der Vorwurf, dass die Führer, entweder im Zentralbüro in Tena oder in den Gemeinden selbst, nichts arbeiten und nur Geld einstecken würden. Aber in den regelmäßig stattfindenden Gemeindeversammlungen wird das alles diskutiert und auch gelöst. In der letzten Zeit ist aber ein großes externes Problem aufgetaucht. Eigentlich wollten wir im Jahr 2001 die Grenze von 1500 Touristen und Touristinnen überschreiten, doch die Vorkommnisse in den USA am 11. September und der Plan Colombia haben die Menschen sehr verunsichert. Es sind daraufhin bedeutend weniger Gäste gekommen als erwartet.

www.StiadS.at

Marco Aurelio Licuy Andy vom Volk der Quichua ist Programm-Direktor von RICANCIE. Er bereiste kürzlich auf Einladung von Horizont3000 im Rahmen des Projektes „Stimmen aus dem Süden“ Österreich. Dieses Bildungsangebot soll dazu beitragen, die bestehenden

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