Jeder Quadratmeter zählt

Von Bianca Schlegel · · 2012/03

Das ökologische Gleichgewicht im Mekongdelta in Vietnam ist durch Klimawandel und industrielle Nutzung in Gefahr. Die ansässige Bevölkerung verliert ihre Lebensgrundlage. Neue Entwicklungsschritte bringen nachhaltige Verbesserung.

Noch vor wenigen Jahren war das Leben an der Südküste Vietnams leichter. Die BewohnerInnen standen nicht während der Flut auch etliche Kilometer im Landesinneren knöcheltief im Wasser. Heute spüren sie den Klimawandel durch den steigenden Meeresspiegel und immer häufiger auftretende Stürme. Im Mekongdelta, der „Reiskammer Vietnams“, wurde der Gürtel aus Mangrovenwäldern zum großen Teil für Shrimpsfarmen abgeholzt und ist durch übermäßige Nutzung so dezimiert, dass er das dahinter liegende Land kaum noch schützt.

Die Menschen, die in den Mangroven Nahrung und Holz sammeln, verlieren nach und nach ihre Existenzgrundlage. Auch in der Provinz Soc Trang wurden großflächig Gebiete in Shrimpsfarmen umgewandelt. Die dort ansässige landlose Bevölkerung wurde ins Hinterland gedrängt. Ziel- und Interessenkonflikte zwischen Ökonomie und Ökologie sind offensichtlich: Wirtschaftlicher Erfolgsdruck und Armutsminderung gehen zu Lasten nachhaltiger Ressourcennutzung und des ökologischen Gleichgewichts, mit dramatischen Auswirkungen auf die Küstenschutzfunktionen der Mangrovenwälder und die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung.

Im Dorf Au Tho B setzen die 1.400 betroffenen BewohnerInnen der Küstenzone, überwiegend Angehörige der Khmer, seit 2009 wieder erfolgreich das Prinzip der Nachhaltigkeit um. Sie nutzen die Wälder, ohne sie zu zerstören und stellen auch deren Schutz sicher. Alternative Einkommensmöglichkeiten wie das Flechten von Körben sollen zudem den Druck auf die Wälder und die Ressourcen mindern. Dieses Modell basiert auf einer neuartigen partnerschaftlichen Vereinbarung der Bevölkerung mit den lokalen Behörden, dem sogenannten Ko-Management.

Diese Entwicklung unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Sie arbeitet bereits seit 2007 mit den Behörden und der Bevölkerung vor Ort daran, das ökologische Gleichgewicht der Feuchtgebiete in der Region zu wahren und die nachhaltige Nutzung der Flächen zu fördern. „Wir setzen alles daran, wieder einen intakten und flächendeckenden Mangrovenwald zu haben. Nur ein gut gemanagter Mangrovengürtel kann einerseits die Küste vor Erosion und den Einflüssen von starken Winden und Wellen schützen und andererseits den Bewohnern die benötigten Ressourcen bieten“, erläutert Klaus Schmitt, der das Projekt leitet.

In Soc Trang sind inzwischen bereits 110 Hektar Mangroven entlang der Küste aufgeforstet. Doch Wiederaufforstung und Küstenschutz hören nicht beim Pflanzen auf. Es geht auch um eine effektive Betreuung der Mangroven hinterher. „Für die Küstenbewohner zählt jeder Quadratmeter widerstandsfähiger Wald“, betont Schmitt. Dass sich das erarbeitete Konzept bewährt, davon sind die BewohnerInnen von Au Tho B schon jetzt überzeugt. „Wir sind über diese Zusammenarbeit sehr glücklich, denn wir müssen nun weniger weit gehen, um Holz, Muscheln und Krabben zu sammeln. Unser tägliches Einkommen ist jetzt viel höher als vorher“, so ein Bewohner des Dorfes.

Dies ist dadurch möglich, dass durch die Aufteilung des Mangrovenwaldes in Zonen auch eine klare Schutzzone definiert ist und die nachhaltige Nutzung den Bestand der Meeresressourcen verbessert hat. Die Mangroven und die darin lebenden Krabben, Fische und Muscheln haben sich nach Jahren der Übernutzung erholt, nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden: „Früher hatte ich Angst vor den Förstern, jetzt arbeiten wir zusammen“, fasst es eine Bewohnerin zusammen.

Weitere Infos: www.czm-soctrang.org.vn

Bianca Schlegel studierte Humangeographie in Potsdam und ist seit 2011 als Beraterin im GIZ Projekt „Management natürlicher Ressourcen in der Küstenzone der Provinz Soc Trang“ in Vietnam tätig (bianca.schlegel@giz.de).

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