Netzwerk des Widerstands

Von Walter Sturm / Martin Windtner · · 1999/03

Oberösterreichische Betriebsräte und GewerkschafterInnen kämpfen für ihre KollegInnen in Brasilien. Mit erstaunlichem Erfolg.

Am 15. Dezember 1998 wurden in der brasilianischen Zellulosefabrik Aracruz elf Gewerkschaftsfunktionäre entlassen. Damit erhielten sie kein Gehalt mehr, obwohl sie sofort die Entlassung vor Gericht anfochten.

Die oberösterreichische Gewerkschaftsgruppe „Papier Global“ reagierte sofort. Unterschriften wurden gesammelt und Protestfaxe an das Aracruz-Management abgeschickt.

Nach der ersten Gerichtsverhandlung am 26. Jänner 1999 kam die Erfolgsnachricht: „Durch den Druck von Papier Global konnten zehn von elf Entlassenen auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren“, konnte Carlos Gomes, Gründer der Betriebsgewerkschaft in Aracruz, seinen österreichischen Kollegen melden.

Die Kooperation zwischen den Aracruz-Betriebsräten und Papier Global ist ein zentraler Knotenpunkt im Netz der internationa-len Tätigkeit des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und der Central Ůnica dos Trabalhadores (CUT), dem größten, links orientierten Gewerkschaftsbund in Brasilien.

In der Arbeitsgruppe Papier Global haben sich Betriebsräte von drei oberösterreichischen Papier- und Zellulosefabriken zusammengeschlossen, um gemeinsam die Auswirkungen der Globalisierung auf ihre Branche und ihre Arbeitsplätze zu studieren. Im Zuge dieser Recherchen luden sie Carlos Gomes nach Österreich ein und brachten ihn in Betriebsversammlungen mit österreichischen Kollegen in Kontakt.

Bald darauf, im Juni des Vorjahres, erfolgte der Besuch einer 17köpfigen(!) Delegation von Papier Global in Aracruz. Seither findet ein regelmäßiger Austausch zwischen den GewerkschafterInnen aus Österreich und Brasilien statt.

Weil Aracruz die Rechte der Betriebsräte und der von der Landgier des Werkes betroffenen indigenen Völker mit Füßen tritt, organisiert Papier Global Solidaritätsaktionen in Österreich.

Die Reaktion der Aracruz-Geschäftsführung ist bemerkenswert. Vor der Brasilienreise von Papier Global war der PR-Manager der Fabrik, Carlos Roxo, extra nach Österreich gereist, um die Pläne der Gruppe auszuloten. Dieser direkte Kontakt führte dazu, daß seit Monaten ausgesperrte Aracruz-Betriebsräte mit der österreichischen Delegation erstmals wieder ihre eigene Fabrik betreten durften.

Warum reagiert Aracruz auf internationale Gewerkschaftskontakte so sensibel, obwohl es gegen die eigenen Gewerkschafter mit aller Härte vorgeht? Papier Global greift das Unternehmen dort an, wo es am verwundbarsten ist: bei seinem Image unter den möglichen Abnehmern für Zellulose in Europa. Denn 94% der Produktion werden exportiert. Mehr als ein Drittel davon nach Europa, ein kleiner Teil auch nach Österreich.

Ein möglicher Ansatzpunkt, um Unternehmen wie Aracruz zu sozial- und umweltverträglichem Verhalten zu „motivieren“, ist die Aufwertung international anerkannter Produktionsgütesiegel.

Papier Global beschäftigt sich daher intensiv mit dem für Forstbetriebe entwickelten und auch von Greenpeace anerkannten Gütesiegel „Forest Stewardship Council“ (FSC). Dieses beinhaltet Kriterien für eine nachhaltige Bewirtschaftung und berücksichtigt auch Rechte der indigenen Bevölkerung und der Arbeiter.

Von Papier Global auf dieses Gütesiegel angesprochen, antwortete PR-Manager Carlos Roxo: „Aracruz nimmt an der Entwicklung der FSC-Standards für Forstwirtschaft in Brasilien regen Anteil. (…) Erst nach endgültiger Ausarbeitung dieser Standards und ihrer Bewertung wird entschieden, ob wir uns zertifizieren lassen wollen.“

Hier kann Druck aus den Kundenländern nachhelfen. Diesen will Papier Global in Absprache mit der Gewerkschaft und der Zivilgesellschaft in Aracruz entwickeln.

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