Raus aus der Sackgasse

Von Erhard Stackl · · 2023/Mai-Jun
Illustration von Thomas Kussin: Zwei gezeichnete Figuren diskutieren; eine zeigt auf eine rot-weiß-rot beflaggte Brücke. Text betont, dass Außenpolitik Konflikte hält, aber in der Realität wenig Einsatz erfolgt.
Illustration © Thomas Kussin

Österreich hat offenbar vergessen, dass Neutralität ein Dauerauftrag zum Einsatz für den Frieden ist.

In dieser Ausgabe ist über feministische Außenpolitik aus globaler Perspektive zu lesen (siehe hier bzw. Seite 8 in der Printausgabe 5-6/2023). Aber um Außenpolitik feministisch gestalten zu können, muss zunächst einmal eine vorhanden sein. Und das ist in Österreich fraglich.

Höchste Priorität hat anscheinend die „Abwehr“ von Flüchtlingen. Dafür ist man bereit, EU-Partnerländer vor den Kopf zu stoßen. Auch Initiativen Österreichs wie jüngst in Marokko dienen primär diesem Zweck (konkret: der Rücknahme von Flüchtlingen), selbst wenn sie als „Brückenschlag“ zwischen der EU und Afrika firmieren.

Offiziell sind wir Österreicher:innen für Konfliktlösungen aller Art die „Brückenbauer“, vor allem als Gastgeber:innen für internationale Organisationen und Verhandlungen. Die rot-weiß-rote Friedensbrücke steht bereit. Begangen wird sie allerdings immer seltener. Es gab in Wien Verhandlungen für ein – nun weitgehend gescheitertes – Iran-Atomabkommen. Eine überambitionierte Kanzlerreise Karl Nehammers 2022 nach Moskau samt Vermittlungsangebot für Russlands Krieg gegen die Ukraine war erwartbar erfolglos.

Fantasieprodukt. Als die Zeitung Standard namhafte Sicherheitsexpert:innen zu Österreichs Rolle als Brückenbauer befragte, erklärten diese sie gar zum „Fantasieprodukt“. Lediglich Stefan Lehne, in Brüssel tätiger Ex-Diplomat, erinnerte an eine „gewisse Brückenfunktion im Kalten Krieg“.

Tatsächlich war Österreich bei den Ost-West-Verhandlungen, die 1975 zur bahnbrechenden „Schlussakte von Helsinki“ führten, zusammen mit anderen neutralen und paktfreien Ländern für den Erfolg ausschlaggebend.

Nicht nur zur Entspannung zwischen den Blöcken trug Österreich bei. Regierungschef Bruno Kreisky startete international beachtete, wenn auch kontroverse Nahost-Initiativen. Im Vorfeld eines Gipfeltreffens im mexikanischen Cancún 1981 forderte er eine für den Globalen Süden gerechtere Weltordnung.

Das ist lange her, wird eingewandt. Als neutrales Land und EU-Mitglied bleibe Österreich gar nichts übrig, als angesichts neuer globaler Konflikte sicherheitspolitisch ein „Trittbrettfahrer“ zu sein.

Norwegen macht es vor. Dass es auch anders geht, zeigt ausgerechnet ein Nato-Land: Norwegen investiert nicht nur viel mehr in die Entwicklungszusammenarbeit, es hat Österreich auch als Konfliktvermittler den Rang abgelaufen. Norwegische Diplomat:innen vermittelten in Kolumbien das Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla, erreichten eine Vereinbarung zwischen den Streitparteien in Mosambik und begleiteten den nationalen Dialog in Somalia, wo speziell die Teilnahme von Frauen in der Friedensarbeit gefördert wurde.

Norwegen hat ein ganzes Netzwerk von Frauen als Friedensvermittlerinnen geschaffen. Zudem wird die Suche nach globalen Antworten auf die Klimakrise als wichtiges Element der Sicherheitspolitik betrachtet.

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg setzt allenfalls verbale Duftnoten zum Frauentag. Und die Klimapolitik will die Regierung künftig im Rahmen einer neuen „Sicherheitsdoktrin“ präzisieren. Ein Ausweg aus der Sackgasse ist möglich, auch ohne Abkehr von der in der Bevölkerung beliebten Neutralität.

Aber es bleibt viel zu tun.

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