Tu Gutes und profitiere dabei

Von Robert Poth · · 2009/10

Der von der Wirtschaftskrise gebeutelte mexikanische Zementriese Cemex kann sich über anhaltende Anerkennung seines CSR-Programms für Häuslbauer freuen.

Auszeichnungen durch die Internationale Handelskammer und das UN-Entwicklungsprogramm (2006), die Organisation Amerikanischer Staaten (2007) und Mitte 2009 nun auch durch UN-Habitat, das Wohn- und Siedlungsprogramm der Vereinten Nationen: Patrimonio Hoy, ein CSR-Programm des mexikanischen Zementriesen Cemex für Häuslbauer aus niedrigen Einkommensschichten, kann sich über mangelnde Anerkennung nicht beschweren. UN-Habitat zeichnete das Programm – neben einem anderen, den „Centros Productivos de Autoempleo“ – übrigens mit seinem erstmals vergebenen Business Award für „Accessible Housing Solutions“ aus: als „innovative Geschäftsmodelle, die … die Möglichkeit von gesellschaftlichen und ökonomischen Renditen im Wohnbausektor demonstrieren …“.

Genau darum handelt es sich. Zu den Gründen für den Mangel an adäquatem Wohnraum in Entwicklungsländern gehören die Preise der Baustoffe, darunter auch Zement, sowie die fehlenden Ersparnisse und mangelnde Kreditwürdigkeit der potenziellen Häuslbauer. Hier setzt Patrimonio Hoy an: Familien mit einem Einkommen von zwei bis drei Mindestlöhnen (in Mexiko) werden Mikrokredite gewährt, damit sie sich ein eigenes Haus bauen, es erweitern oder umbauen können. Cemex finanziert die Kosten des Baumaterials (mit einer Fixpreisgarantie von 70 Wochen), stellt technische Beratung zur Verfügung und garantiert die pünktliche Lieferung. Damit wird – nach Cemex-Angaben – die Bauzeit um mehr als 60 Prozent reduziert, während die Programmteilnehmer sich bis zu 35% der Baukosten ersparen können.

Bilanz von Patrimonio Hoy
  • Patrimonio Hoy läuft seit 1998 in Mexiko; mittlerweile gibt es das Programm auch in anderen Ländern Lateinamerikas wie Kolumbien, Venezuela, Nicaragua und Costa Rica.
  • 235.000 Familien haben direkt vom Programm profitiert (entspricht weit mehr als einer Million Menschen).
  • Der Gesamtkreditbetrag beläuft sich auf 110 Mio. Dollar. Mehr als 99% davon wurden pünktlich zurückgezahlt (per Ende Dezember 2008).
  • Im Rahmen des Programms wurde das Äquivalent von 30.500 40m2-Wohnungen errichtet und Zustand und Ausstattung von 518 öffentlichen Schulen verbessert.


  • Die Grundidee des Programms lehnt sich an das in Lateinamerika traditionelle „Tanda“-System an – eine Art kollektives Sparen, wobei der angesparte Betrag abwechselnd den TeilnehmerInnen zur Verfügung gestellt wird. Cemex kombinierte das System mit einer Kreditgewährung, deren Voraussetzung die Spar- und Rückzahlungsdisziplin der „Socios“ des Programms ist; diese Disziplin basiert auf Solidarität und gegenseitiger Hilfe unter den Socios, die sich zu Gruppen von je drei Personen zusammenschließen müssen. Eine Schlüsselrolle spielen die „Promotores“, fast ausschließlich Frauen, die meist Familienoberhäupter sind. Die Frauen, letztlich Cemex-Handelsvertreterinnen, arbeiten auf Provisionsbasis, je nach dem, wie viele „Socios“ sie anwerben und wie lange diese im Programm bleiben.

    Interessierte Familien schließen sich dem Programm an und beginnen, wöchentlich kleine Geldbeträge für den Kauf von Baumaterial zu sparen. In der fünften Woche verdoppelt Patrimonio Hoy den angesparten Betrag und liefert dem Socio Baumaterial, das für zehn Wochen der geplanten Bauarbeit reicht. Dieser Mikrokredit wird ohne Bedingungen und Zinsen gewährt, da es darum geht, ein Vertrauensverhältnis zwischen den Socios und Cemex zu schaffen. In den folgenden fünf Wochen zahlen die Familien den Mikrokredit zurück. Darauf folgen weitere identische Zyklen – Ansparen, Kredit, Rückzahlung – bis die 70 Wochen der Fixpreisgarantie erreicht sind.

    Patrimonio Hoy kann als Markterschließungsstrategie „am Fuß der Pyramide“ betrachtet werden, wie etwa auch Mikrokreditprogramme oder auch das Konzept des Billig-Autos „Nano“ von Tata Motors (Indien). Die Anfänge des Programms gehen auf die „Tequilakrise“ 1994-1995 zurück, als der Inlandsabsatz von Cemex dramatisch einbrach – im formellen Marktsegment um bis zu 50%. Bei den Kleinkunden, den Häuslbauern, ging der Absatz aber nur um 10 bis 15 Prozent zurück. Dieses „Do-it-yourself“-Segment repräsentierte 40% des Zementverbrauchs in Mexiko und einen potenziellen Markt von 500 bis 600 Mio. US-Dollar. Die Idee war also, dieses Marktsegment zu erschließen und dafür mit stetigen und wachsenden Umsätzen belohnt zu werden.

    Genau das ist mit Patrimonio Hoy auch gelungen – eine Win-Win-Strategie, von der nebenbei noch andere Geschäftszweige der Bauwirtschaft profitieren. Der Wohnungsmangel in Mexiko – von Cemex mit vier Millionen Einheiten beziffert – wird sich mit CSR-Programmen allein allerdings nicht beheben lassen.

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