Vom Fasten und mehr

Von Ahmad Ibesh · · 2021/Mar-Apr

Am 12. April beginnt der Fastenmonat Ramadan. Mittlerweile habe ich meinen Weg gefunden, ihn in Österreich zu begehen.

Meine Familie in Syrien war nie sehr religiös. Meine Mutter riet mir, im Ramadan immer so viel zu fasten, wie es für mich möglich war. Das wäre auf jeden Fall besser als heimlich zu essen, zu trinken und dann zu lügen, sagte sie.

Ich war begeisterter Schwimmer. Streng genommen sollte man während des Fastenmonats auf diesen Sport verzichten, weil dadurch das Wasser aufgenommen wird, vielleicht nicht direkt über den Mund, aber über die Haut.

Ich fand einen Kompromiss für mich. Ich ging schwimmen, aber aß danach nicht, auch wenn ich großen Hunger hatte. Ich wartete damit auf das große Familienessen nach Sonnenuntergang. Diese allabendlichen Zusammenkünfte waren mir das Heiligste am Ramadan.

In Österreich versuchte ich in den ersten zwei Jahren, im Ramadan alleine zu fasten und gleichzeitig zu arbeiten. Das habe ich hinbekommen, auch wenn es schwierig war. In Syrien passen sich die Menschen an und verlegen die Arbeit teilweise in die Nachstunden. Das geht hier natürlich nicht. Was mir aber wirklich abging, war nicht das Essen, sondern die familiären Treffen. Ich habe hier keine Verwandten, mit denen ich Fastenbrechen könnte.

Aber ich habe alternative Zugänge für mich gefunden: Heute faste ich im Ramadan nur an den Wochenenden. Dafür arbeite ich unter der Woche mehr und spende Geld an hilfsbedürftige Menschen in Syrien.

In den vergangenen drei Jahren hier habe ich Weihnachten im Kreise von befreundeten Familien verbracht und dabei gesehen, dass auch ihnen diese Zusammenkünfte heilig sind; aus kulturellen, sozialen, nicht in erster Linie religiösen Gründen.

Im Grunde ist es in Syrien ähnlich. Egal welchen Hintergrund wir haben, wir sollten auf die Dinge schauen, die uns verbinden. Das ist in vieler Hinsicht viel mehr als wir glauben.

Ahmad Ibesh, 26, kommt aus Aleppo in Syrien. Als er mit 19 in die Armee sollte, floh er in die Türkei und kam 2015 nach Österreich. Seither lebt er als Schneider von seinem Label „Herzgenäht“ in Kärnten (vgl. Rubrik „Lokalaugenschein“ Südwind-Magazin 7-8/2020).

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