Walisisches Leuchtfeuer

Von Redaktion · · 2007/09

In einem der unberührtesten Flecken von Wales setzt eine bemerkenswerte Frau ein Beispiel. Ein Lokalaugenschein von New Internationalist-Redakteur David Ransom.

Blickt man an einem klaren Morgen im März über die schneebedeckten, windgepeitschten Brecon Beacons, ist man sich fast sicher: Viel wird auf diesen Bergen in Südwales, einer der wenigen weitgehend naturbelassenen Gegenden Großbritanniens, wohl nicht wachsen können. Auf den Straßen der Region sind überall Schulfahrzeuge des Militärs unterwegs, Kampfjets zerschneiden im Tiefflug die Luft. Bei einem kleinen Feldlager neben der Hauptstraße wehen Transparente mit den Aufschriften „Social Change not Climate Change“ und „People not Pipelines“. Im roten Sandstein dieses Nationalparks klafft eine Wunde, geschlagen wie von einer Autobahn – eine Pipeline, die importiertes Gas vom Hafen in Milford Haven landeinwärts transportieren wird.
Über diese Pipeline führt auch die schmale Straße zum Grundstück von Kathleen. Sie ist die Mutter von Dan, einem meiner Kollegen, und sie hat sich großzügig bereit erklärt, meine Neugier in Sachen Permakultur zu befriedigen. An einem Südhang, neben einem murmelnden Bach, besitzt sie einen Hektar Grund, der heute mit Schnee überzuckert ist – eigentlich das Ende eines Feldes eines Bauern. Sie lebt mittlerweile seit acht Jahren hier.

Das baufällige Haus auf dem Grundstück brach nach sechs Jahren zusammen. Also verbrachte sie ein ganzes Jahr lang in einer Hütte, die nur über einen Ofen, eine Kompost-Toilette, ein Bett und eine winzige Küche verfügte – und sie war glücklich damit. Nun lebt sie in einem lichterfüllten Holzhaus, das sie selbst entworfen hat, mit Inneneinrichtungen, die großteils aus den Resten des alten Hauses gebaut wurden. Isoliert mit Wolle, gedeckt mit alten, zu Dachziegeln zugeschnittenen Autoreifen, lässt es sich mit einem einzigen Holzofen zur vollsten Zufriedenheit heizen. Das Trinkwasser kommt direkt vom Bach, der Strom aus dem Netz – eine Windturbine wäre zu groß und zu teuer, meint Kathleen.
Das Haus ist von einem kleinen Wäldchen und einem Garten umgeben, der auf den ersten Blick kaum mehr als Dekoration zu sein scheint. Tatsächlich liefert er einen erheblichen Teil ihrer Nahrung. Je näher man hinsieht, desto eher fällt einem auf, wie durchdacht er angelegt wurde. Sie hat mehr als 150 früchtetragende Bäume gepflanzt, Teiche, Gräben und Hochbeete angelegt, wozu sie oft Material aus Müllcontainern verwendete, und es gibt die Anfänge eines Waldgartens und eine essbare Windschutzhecke.

Auf der anderen Seite des Zauns erstreckt sich das vertraute grüne Feld. Auf Kathleens Seite befindet sich ein langer Graben, der das mit Chemikalien verschmutzte Abwasser auffangen soll. Sie fragt mich, ob mir noch etwas anderes auffällt. „Maulwürfe?“, hilft sie mir auf die Sprünge. Tatsächlich: Es gibt keine Maulwurfshügel auf dem Feld des Bauern. Das bedeutet, dass es keine Würmer im Boden gibt, dass er unfruchtbar ist – umgebracht durch Chemikalien, die er andererseits unbedingt braucht, um fruchtbar zu sein. Aus den zahlreichen Maulwurfshügeln auf ihrem Grund stammt die Erde für ihre Hochbeete.
Was Kathleen anstrebt, ist Eigenständigkeit, nicht Selbstgenügsamkeit – sie hat sich keineswegs von der Welt zurückgezogen. Über das lokale Permakultur-Netzwerk hat sie praktische Verbindungen und soziale Kontakte zu gleichgesinnten Menschen in der Region. „Diese Lebensweise ist meine Opfergabe. Sie ist nicht rücksichtslos. Sie ist respektvoll, lohnend und macht Freude. Sie kann anderen als Beispiel dienen. Ich lebe von wenig mehr als 10.000 Dollar im Jahr, und doch habe ich alles, was ein Mensch wirklich braucht: eine warme Unterkunft, Nahrung, die mich wirklich ernährt, sauberes Wasser, Familie, Freunde, Stille und Tiere, die in Freiheit leben. Ich habe meinen Stamm gefunden.“

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