Blackrock: Mächtiger als Banken

Von Myriam Vander Stichele · · 2022/Mar-Apr
Anlässlich der Klimakonferenz im Herbst in Glasgow protestierten Aktivist*innen vor den Blackrock-Büros in San Francisco, USA. © Nathan Frandino / REUTERS / picturedesk.com

Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock hat enormen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen. Auch der Globale Süden ist betroffen.

Im Oktober 2021 verwaltete Blackrock ein Vermögen von 9,5 Billionen US-Dollar, mehr als jede Großbank. Das stellt ein Problem dar: Denn Vermögensverwalter sind weniger reguliert als Banken. Mit dem Geld ihrer Kund*innen kaufen sie Aktien und Anleihen, insbesondere von multinationalen, börsennotierten Unternehmen. Hinzu kommen Staatsanleihen, auch im Globalen Süden.

Ein bedeutender Teil des Geschäftsmodells ist es, Investmentfonds mit Aktien und/oder Anleihen aus aller Welt aufzulegen. Gegen eine Gebühr wählt Blackrock Aktien und Anleihen aus, die als gewinnbringend für die Anleger*innen erachtet werden, passt deren Menge den Kundenwünschen an und informiert sie über die Wertentwicklung.

Gewinn um jeden Preis. Blackrock verwaltet auch Vermögenswerte für institutionelle Anleger*innen wie Pensionsfonds und bietet Beratungsdienstleistungen an. Das Ziel ist, den Anleger*innen die höchstmöglichen Renditen zu bieten. Blackrock wählt Unternehmen aus, die sehr profitabel sind und achtet kaum darauf, wie diese hohen Gewinne zustande kommen. Die Auswirkungen auf andere wie Beschäftigte und die Umwelt werden ignoriert.

Einige Arten von Fonds geben Anlass zur Sorge. Dazu zählen die sogenannten börsengehandelten Fonds (ETFs). Die Anleger*innen können jederzeit Anteile von ETFs kaufen und verkaufen. Wenn während Börsenturbulenzen sehr schnell Geld abgezogen wird, kann dies zu finanzieller Instabilität führen. Viele börsengehandelte Fonds basieren auf einer Auswahl von Unternehmensanteilen auf der Grundlage eines Börsenindex und bilden dessen Entwicklung ab. Blackrock muss die Aktien in den Fonds also nicht den jeweiligen Unternehmensentwicklungen anpassen.

2020 erzielte Blackrock einen Umsatz von 16,2 Milliarden Dollar, ein Anstieg von knapp 11,5 Prozent gegenüber 2019, und erwirtschaftete einen Rekordgewinn von 4,9 Mrd. Dollar. Davon wurden 3,8 Mrd. Dollar an die Aktionär*innen ausgeschüttet, darunter 1,5 Mrd. über den Rückkauf eigener Aktien mit dem Ziel, den Wert der Aktien zu steigern.

Zu den Unternehmen, in deren Aktien, Anleihen und andere Finanzprodukte Blackrock investiert, gehört ein großer Teil der (global agierenden) Konzerne, deren Aktien auch an Börsen in Ländern des Globalen Südens gehandelt werden. Blackrock hält daher auch die Aktien vieler Unternehmen, die fossile Brennstoffe fördern oder an der Abholzung von Wäldern und an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, wie zum Beispiel Palmöl- und große Technologieunternehmen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern von Blackrock, nicht mehr in Unternehmen zu investieren, die zur Klimakrise, zu Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen beitragen. Doch selbst wenn Blackrock seine Aktien verkaufen würde, ginge der Aktienbesitz nur auf andere, ebenso wenig verantwortungsbewusste Investor*innen über.

Aufgrund des Drucks von Aktivist*innen und Anleger*innen hat Blackrock bereits einige Änderungen vorgenommen. Jedes Jahr schreibt Blackrock-Chef Larry Fink einen offenen Brief an die Unternehmen, deren Anteile gehalten werden. Im Jänner 2020 und 2021 regte er an, dass sich die Unternehmen nachhaltiger verhalten und ihre Treibhausgasemissionen reduzieren sollten. Angesichts der wachsenden Nachfrage nach Investitionen in Unternehmen mit nachhaltigen Aktivitäten bietet Blackrock mehr Anlageprodukte an, die einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit leisten sollen.

Eine Handvoll Strippenzieher

Blackrock ist mit 10 Billionen US-Dollar (Ende Dez. 2021) der größte Vermögensverwalter der Welt, gefolgt von Vanguard (8,4 Bio.), UBS (Bank) (4,43 Bio.), Fidelity Investments (4,23 Bio.) und Street State Global Advisors (3,26 Bio.). Die Top-10 der Branche verwalten derzeit mehr als 40 Bio. Dollar. Genug, um sich die „Big Five“ der Tech-Firmen – Alphabet, Apple, Microsoft, Amazon und Meta – gleich fünfmal zu kaufen.  R. P.
Quelle: www.advratings.com/top-asset-management-firms

Großer Aktionär, großer Einfluss. Als Aktionär ist Blackrock auf den Jahreshauptversammlungen der Unternehmen stimmberechtigt. Bis Ende 2020 hat sich Blackrock bei seinem Abstimmungsverhalten allein daran orientiert, die Unternehmen so profitabel wie möglich zu machen. Blackrock stimmte daher häufig gegen Anträge von Aktionär*innen, die ein Unternehmen zu mehr ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit aufforderten.

Blackrock hat sein Abstimmungsverhalten nicht immer transparent gemacht. Seine Kund*innen und die Menschen, die unter der Geschäftstätigkeit des Unternehmens leiden, wissen daher nicht, wie der Großaktionär das Unternehmen für solche Auswirkungen zur Verantwortung zieht.

Aktivist*innen fordern nun Transparenz darüber, wie Blackrock abgestimmt hat. Im Oktober 2021 räumte Blackrock institutionellen Anleger*innen ein Mitspracherecht bei der Abstimmung auf den Hauptversammlungen der von ihnen gehaltenen Unternehmen ein.

Bei vielen Unternehmen ist Blackrock bereits mit einem Anteil von zwei oder drei Prozent der größte Aktionär, da die meisten Anleger*innen weniger als ein Prozent der Aktien halten. Blackrock kann also großen Einfluss auf ein Unternehmen ausüben, etwa durch Gespräche mit den Unternehmensleitungen hinter verschlossenen Türen. Das kann darin bestehen, von dem Unternehmen Gewinnsteigerungen zu verlangen, ohne sich um die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu kümmern. Oder dass es seine CO2-Emissionen senken oder seine Gewinne mittels Steuerhinterziehung oder -vermeidung steigern soll. Die Menschen, die von den Auswirkungen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens betroffen sind, können dies nicht. Durch den direkten Kauf von neu ausgegebenen Aktien und Anleihen gewährt Blackrock den Unternehmen außerdem Kredite.

Weniger bekannt ist bisher, dass Blackrock in sogenannten Schwellenländerfonds auch Staatsanleihen von Ländern des Globalen Südens hält. Blackrock hat sich bisher geweigert, den ärmsten Ländern des Südens einen Schuldenerlass zu gewähren, obwohl im Rahmen des G20-Schuldenmoratoriums (Debt Service Suspension Initiative, DSSI) und des darauf aufbauenden Gemeinsamen Rahmens der G20 für die Behandlung von Schulden dazu aufgefordert wird.

Starke Lobby. Die hohe Rentabilität ermöglicht es Blackrock, weltweit zahlreiche Lobbyist*innen zu beschäftigen. Der Vermögensverwalter hat sich gegen strenge Vorschriften gewehrt, die sicherstellen würden, dass Blackrock mehr klimafreundliche Aktivitäten unterstützt. So wurde beispielsweise Lobbyarbeit gegen eine EU-Verordnung betrieben, die strenge Definitionen  dafür vorsieht, welche Aktivitäten zum Klimaschutz oder zur Klimaanpassung bzw. zum Klimawandel beitragen. Blackrock plädiert für eine lockere Definition.

Als wichtiger Akteur auf den Finanzmärkten wird Blackrock-Chef und Gründer Larry Fink zu Vorträgen vor hochrangigen Finanzgremien eingeladen.

Viele Akteure können dazu beitragen, Blackrock zu verantwortungsvollem und nachhaltigem Verhalten zu bewegen: Von Aktivist*innen über individuelle und institutionelle Anleger*innen, von den Aktionär*innen Blackrocks bis hin zu Aufsichtsbehörden und Gesetzgebern, die Regeln festlegen, um die Finanzwirtschaft in den Dienst einer gerechten Transition zu stellen.

Aus dem Englischen von Tobias Lambert, gekürzt und bearbeitet vom Südwind-Magazin.

Myriam Vander Stichele ist Senior Researcher beim Centre for Research on Multinational Corporations (SOMO) in Amsterdam.

Weitere Infos (auf Englisch): blackrocksbigproblem.com

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