„Überall wird über Politik diskutiert“

Von Redaktion · · 2015/06

Kongo-Expertin Claudia Simons über Defizite internationaler AkteurInnen, Perspektiven und die engagierten Menschen im Land.

Wieso ist die UN-Mission in der DR Kongo so erfolglos?

Die MONUSCO hat ein nach wie vor nicht zu erfüllendes Mandat, „Schutz der Zivilgesellschaft“, wenig lokale Expertise, eine hohe Fluktuation der Soldaten, lange Reaktionszeiten, zudem ein angespanntes Verhältnis zur Regierung und der Regierungsarmee FARDC. Ganz prinzipiell fehlt ein Gesamtkonzept, auch wenn sich unter Martin Kobler (MONUSCO-Leiter seit 2013, Anm.) viel gebessert hat. Aber politische Komponenten der Konflikte im Osten werden etwa immer noch vernachlässigt.

Wie können die natürlichen Ressourcen für die DR Kongo Segen statt Fluch werden? 

Kleinbergbau ist die Haupteinnahmequelle von schätzungsweise acht bis zehn Millionen Kongolesen. Ressourcen sind also viel weniger per se ein gewaltbringender Fluch als oft suggeriert wird. Damit Ressourcenausbeutung langfristig zu einem Segen wird, sind internationale Bestrebungen wie Zertifizierungssysteme durchaus sinnvoll. Diese müssen aber viel enger als bisher mit der kongolesischen Regierung und lokalen sowie regionalen Akteuren abgestimmt werden – beispielsweise mit der Internationalen Konferenz der Großen Seen. Utopische Bedingungen für den lückenlosen Nachweis von „Konfliktfreiheit“ wie im Dodd-Frank Act (siehe Info-Kasten S. 30, Anm.) sind da wenig hilfreich. Es müssen positive Anreize für fairen und transparenten Abbau geschaffen werden. Dazu gehört mehr Autonomie der Kongolesen bezüglich der Preisentwicklung.

Claudia Simons ist Expertin für die DR Kongo bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin und bereist regelmäßig die Region.

Viele Menschen in der DR Kongo wollen nicht mehr wählen gehen. Sind sie politikverdrossen?

Im Gegenteil! Überall – auch im Osten – wird ständig über Politik diskutiert und Politik gemacht, in den Straßen, den Bars und nicht zuletzt den unzähligen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Die hohe Wahlbeteiligung von 2006 als auch 2011 sowie die Massenproteste gegen eine dritte Amtszeit Joseph Kabilas zeigen mehr als deutlich, dass die Kongolesen mitgestalten wollen. Vielmehr herrscht Regierungsverdrossenheit. Die Bevölkerung nimmt es nicht hin, dass die Regierung die Verfassung nach Gutdünken verändert und Wahlen auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden.

Würde eine stärkere Dezentralisierung der DR Kongo helfen?

Die ist dringend notwendig und wird von einem Großteil der Bevölkerung gefordert. Allerdings wird eine Dezentralisierung wohl nicht ohne Konflikte kommen, da eine großangelegte administrative Umgestaltung immer auch Verlierer hervorbringt.

Interview: Richard Solder

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