Sturm, Drang und Rap

Von Christine Tragler · · 2019/Mai-Jun

Yasmo ist eine der herausragenden Rapperinnen im Land, und eine Künstlerin mit Weltbewusstsein. Damit passt sie perfekt auf das Südwind Straßenfest, wo Yasmo & die Klangkantine dieses Jahr auftreten werden.

Von Christine Tragler

Glatte Oberflächen und Lifestyle-Geschwurbel sind ihre Sache nicht. Wenn Yasmin Hafedh aka Yasmo die Bühne betritt, spricht sie Tacheles. Dann geht es um die Beschaffenheit der Welt, um die Bekämpfung der Ungerechtigkeiten, um Feminismus und Verantwortung. Was sie zu sagen hat, packt die Rapperin und Spoken-Word-Künstlerin klug und wortreich in Versform. Sie ist eine Meisterin des Schnellsprechens. Und: Mit ihrer neunköpfigen Band, der Klangkantine, im Rücken klingt das überwältigend.

Begonnen hat alles mit Poetry Slam vor zwölf Jahren. Schon als Teenager stand sie auf der Bühne und trug ihre selbstgeschriebenen Gedichte vor. Damals ging Hafedh noch in die Schule in Wien und war inspiriert von den Sturm-und-Drang-Jahren Friedrich Schillers. Poetry Slam war für sie „der beste Ort um Bühne zu lernen“ und „ganz viel über sich selbst zu erfahren“, erzählt die heute 28-Jährige.

Und: Die Bühne ist auch zu ihrem Zuhause geworden. Als umtriebige Slam-Poetin tourt sie durch Europa und wird international gefeiert. 2009 gewann sie als erste Österreicherin die deutschsprachige Poetry-Slam-Meisterschaft in der Kategorie U-20 und 2013 als erste Frau den Ö-Slam. 2011 und 2014 veröffentlichte sie als Yasmo MC ihre ersten Alben „Keep it realistisch“ und „Kein Platz für Zweifel“.

Paroli bieten. Die Klangkantine hat sie bei einem Jazz Poetry Slam kennengelernt, beim Blitzdichtgewitter, einer Veranstaltung in Wien, die sie mittlerweile moderiert. „Ich war hungrig auf eine große Band“, erzählt die studierte Theaterwissenschaftlerin. Seither komplettieren Bläser, Bass, Gitarre, Schlagzeug und Klavier das Line-Up. Ein gemeinsam veröffentlichtes Album brachte Yasmo 2018 als erste Frau eine Nominierung in der Kategorie Hip-Hop für den Amadeus Award, den österreichischen Musikpreis, ein. Ihren Auftritt bei der Preisverleihung nutzte sie, um der männerdominierten Musikbranche Paroli zu bieten und dem Publikum „das Prinzip von Feminismus“ darzulegen. Frei nach Cyndi Lauper performte sie im Saal „Girls just wanna have: fundamental rights!“ und versammelte dabei eine Menge Musikerinnen aus Österreich auf der Bühne. Ein starkes Statement für Solidarität, gleiche Rechte und gerechte Bezahlung.

Mit Yasmo & die Klangkantine brachte sie im März dieses Jahres ihr viertes Studioalbum mit dem Titel „Prekariat und Karat“ heraus, geschrieben im Austausch zwischen Rapperin und den Bandmitgliedern Ralph Mothwurf und Bassist Tobias Vedovelli. Es ist eine feine Melange aus jazzigem Bigband-Sound und einer Spielart des Hip-Hop, die mal laut schreiend, mal selbstkritisch und ironisch, aber immer beherzt, politisch und überzeugend daherkommt. Inhaltlich geht es auch hier um Gleichberechtigung, Empowerment und gegen den schönen Schein. „Die Filter auf Instagram können nicht über das Prekariat hinwegtäuschen“, sagt die Künstlerin und spricht die prekären KünstlerInnengehälter an. Ein Grund, weshalb sie einmal eine schlagkräftige KünstlerInnengewerkschaft gründen möchte.

Aufruf zur Solidarität. Nur zu schimpfen sei ihr zu bequem, sagt sie. Yasmo will nicht zuletzt über die positiven Dinge reden, die passieren. Und sich angesichts der vielen beklemmenden Nachrichten den Optimismus nicht nehmen lassen. „Wenn das Reden über die Regierung, den verbreiteten Rechtsextremismus und die Unterdrückung permanent den Diskurs und unser Denken dominieren, dann fällt es schwer aufzustehen und zu demonstrieren“, so die Rapperin.

Yasmo ist froh, dass es die Donnerstagsdemos gibt: „Sie sind ein wöchentliches Zeichen dafür, dass es eine Zivilgesellschaft gibt, der es nicht egal ist, was in Österreich passiert.“ Es sei wichtig, sich zusammenzutun und zu spüren, dass man nicht allein sei. „Es gibt viele Menschen, die für Menschlichkeit auf die Straße gehen, die Zivilcourage beweisen, wenn in Österreich Musliminnen angespuckt werden.“ Davon erzählt sie auch auf dem Track „Popsong“, wenn sie rappt: „Lasst uns laut sein, lasst uns aufhören zu schweigen!“

Yasmo redet gerne über Feminismus und über die politischen Verhältnisse, aber nicht ausschließlich.

Für alle, die sie darauf reduzieren möchten, hat sie die Nummer „Interview“ geschrieben. Ein schmieriger Journalist, gemimt von Christoph Grissemann, stellt ihr auf diesem Track unentwegt die gleichen Fragen. Wie sie mit Sexismus im Rap umgehe, was sie mit der nordafrikanischen Kultur ihres Vaters verbinde. Yasmo: „Über nervige Fragen schreibe ich Texte.“

Wie es ihr gelinge, das Publikum zu berühren? Das funktioniere nicht einseitig, meint sie, sondern in Dialogform. Kunst entstehe für sie nur dann, wenn sie rezipiert wird. Die Wiener Bühnen seien dafür eine gute Schule gewesen. „Wenn dich Wien mal mag, dann läuft es. Aber: Wien mag dich lange nicht, und dann lernst du ganz viel.“

Derzeit läuft es gut für Yasmo und ihre Kunst. Gemeinsam mit der Musikerin Mira Lu Kovacs kuratiert sie das diesjährige Popfest, das im Juli am Wiener Karlsplatz über die Bühne gehen wird. Und schon im Mai kann man Yasmo & die Klangkantine beim Südwind Straßenfest live erleben.

Am 18. Mai findet das diesjährige Südwind Straßenfest im Campus der Uni Wien statt, inklusive Konzert von Yasmo & die Klangkantine (siehe auch S. 48 in dieser Ausgabe).

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