„Ein Halbgott, als ich ihn kennenlernte“

Von Edith Kresta · · 1999/09

Ein Gespräch mit Corinne Hofmann über ihre Erfahrungen bei den

Frage: Sehen Sie sich selbst als Aussteigerin?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin sehr viel gereist. Hatte aber nirgends in der Welt das Gefühl, hier will ich bleiben. Bevor ich nach Kenia ging, besaß ich in der Schweiz ein gutgehendes Brautmodengeschäft, einen Sportwagen und einen anderen Wagen und eine neu eingerichtete Wohnung.

Frage: Konnte Ihr Massai-Mann mit Ihrem Begriff von Liebe etwas anfangen?

Am Anfang nicht, aber dann hat er etwas Neues kennengelernt. Er hat auch

Gefühle entwickelt. Und ich glaube, er war schließlich so sehr eifersüchtig auf mich, weil er dieses Neue nicht mehr verlieren wollte.

Frage: Waren Sie ein Geschenk des Himmels für ihn? Normal muß der Massai doch für die Frau bezahlen. Sie hingegen brachten Geld und einen Wagen in

sein abgeschiedenes Dorf.

Ja sicher. Also, die Hochzeit mußte er nicht ausrichten, wie er es

normalerweise hätte machen müssen. Am Anfang war ihm auch peinlich, wenn

ich beispielsweise die Ziegen bezahlt habe. Später hat sich das

geändert. Da verpraßte er das Geld.

Frage: Was hat Sie an Ihrem Mann fasziniert?

Also, sein Aussehen hat mich ganz stark beeindruckt. Das ist klar. Aber nicht nur seine äußere Erscheinung, auch das, was ihn umgeben hat. Diese ganze Aura. Und dann noch die Empfindung, die ich hatte, als ich

aus dem Flugzeug ausstieg: Ich komme nach Hause.

Frage: Ihrer Beschreibung nach war die Sexualität nicht so wichtig?

Massai küssen nicht. Da muß man sich schon sehr umstellen. Gesicht oder Geschlechtsteile werden nicht berührt. Es ist einfach – schlußendlich – nicht so spielerisch. Sex dient der Fortpflanzung.

Frage: Wie kamen Sie mit Ihrer Rolle als Frau zurecht?

Massai-Frauen haben ihre Rechte im Haus. Sonst leben Mann und Frau relativ getrennt. Man ißt getrennt, man fragt den Mann nicht, wo er hingeht. Wenn er weggeht, geht er weg. Aber mein Mann hat bestimmte Sachen übernommen, die Männer sonst nicht tun.

Frage: Was zum Beispiel?

Wenn ich krank war, hat er meine Klamotten gewaschen. Oder er hat Wasser

geholt, auch eine typische Frauenarbeit. Er hat eigentlich sehr viel

für mich gemacht. Ohne diese Beweise, diese Zugeständnisse hätte ich

mich nicht orientieren können, wie er zu mir steht. Das war mehr wert

als ein „Ich liebe dich“.

Frage: Sind die Massai-Krieger nicht sehr bequem und Frauen gegenüber nicht

sonderlich empfindsam?

Er war schon anders. Er hat sich abgehoben, nicht nur im Äußerlichen,

auch im Charakter. Er war sehr sensibel. Er war einfach anders. Ein

Halbgott, als ich ihn kennenlernte. Er hat mich auch wirklich beschützt.

Es ist der erste Mann in meinem Leben, der mir das Gefühl gab, daß ich

getragen werde. Daß nicht immer ich die Stärkere war. Ich hatte nie

Angst mit ihm zusammen. Egal, wo wir waren.

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