Handschlag mit dem Teufel. Die Mitschuld der Weltgemeinschaft am Völkermord in Ruanda

Von Bettina Akremi · · 2009/07

Roméo Dallaire

Sachbuch, zu Klampen Verlag, Springe 2008, 651 Seiten, € 24,80

Wie schon aus dem Titel des Buches zu schließen ist, handelt es sich bei der Publikation von Roméo Dallaire, einem ehemaligen UN-General, Kommandant der UN-Blauhelme in Ruanda, um alles andere als „leichte Kost“. Auf über 600 Seiten erhält man einen umfassenden Bericht über einen der jüngsten Genozide der Geschichte und wird Zeuge der schicksalhaften Ereignisse, die das Leben in Ruanda, aber auch das Leben von Dallaire selbst, der nach dem Massaker einen schweren psychischen Zusammenbruch erlitt, dauerhaft verändert haben.

In gewisser Weise handelt es sich auch um eine Autobiographie; Dallaire sieht das Schreiben dieses Buches als eine Form, sein eigenes Trauma zu bewältigen. Er beschreibt, wie unterlassene Hilfeleistung und Wegsehen tödlich sein können. Am eigenen Leib mussten dies in einem 100 Tage andauernden Völkermord Tausende Tutsi spüren, welche von Anhängern der Interahamwe vergewaltigt, gefoltert und niedergemetzelt wurden. Die „friedvolle“ Weltgemeinschaft der Vereinten Nationen überließ sie ihrem Schicksal.

Aus der Sicht des Autors hätte das Ausmaß des Dramas reduziert werden können. Er spart nicht mit Kritik an den Vereinten Nationen, welche mit ihrem halbherzigen Einsatz und ihren bürokratischen Hindernissen Mitschuld am Tod von rund einer Million Menschen trägt. Die „Schuld“ Ruandas war es wohl, über keine interessanten Ressourcen zu verfügen, weshalb man kein geopolitisches Interesse an dem Land hatte und es deshalb den Einsatz einer ausreichenden Zahl von Blauhelmen nicht Wert schien. Die Welt hatte in jenen Frühlingstagen im Jahr 1994 andere Krisenherde, wie Ex-Jugoslawien oder Somalia, die – aus unterschiedlichen Gründen – wichtiger waren als die Bevölkerung Ruandas.
Auch wenn zumindest die Rädelsführer des mordenden Mobs sich mittlerweile vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Arusha verantworten müssen, zeigt Dallaire die Scheinheiligkeit auf, die dahinter steckt. Seiner Einschätzung nach würde in einer ähnlichen Situation wieder genauso agiert werden.

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